Landgericht Essen
z.H. Herrn Richter Jochen Schröder
Zweigertstraße 52
45130 Essen
David Schraven
Fxxxxxxstr. 214
44xxx Botttop
Tel: 0172-563xxxx
Bottrop, den 3. März 2006
Betr.: Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes Essen Borbeck in der Grundbuchsache Vogelheim BL 1781
Betr.: Beschwerde gegen die Entscheidung der Richterin in Grundbuchsachen am Amtsgericht Essen Borbeck, Frau Richterin Schmitt, in der Grundbuchsache Vogelheim Bl. 1781
Sehr geehrter Herr Richter Schröder,
wie sie aus dem beigefügten Antrag auf Grundbucheinsicht entnehmen können, recherchiere ich für die Welt am Sonntag einen Artikel über möglicherweise illegale Müllentsorgungen in Essen. Bei meinem Antrag beziehe ich mich auf das beigefügte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes l BvR 1307/91 vom 28. August 2000, in dem der Zugang der Presse zum Grundbuch abschließend geregelt wird.
Am 2.März hat das Grundbuchamt Essen-Borbeck entschieden, mir, auf meinen Antrag vom 28. Februar 2006 hin, nur Einblick in die Abteilung l des Grundbuches Vogelheim, Blatt 1781 zu gewähren.
Ich habe allerdings die Einsicht in das gesamte Grundbuch beantragt. Und möchte daher auch in die Abteilungen II und III Einblick nehmen. Ich habe gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes Essen-Borbeck am 2. März schriftlich Beschwerde eingelegt. Die Grundbuchrichterin Frau Schmitt hat diese Beschwerde am 2. März unter Aktenzeichen Vogelheim Bl. 1781 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung lege ich hiermit Beschwerde beim Landgericht Essen ein. Bitte geben Sie diese Beschwerde an die zuständige Kammer weiter.
Ich bitte darum, diese Beschwerde schnellstmöglich zu bearbeiten, da ich unter erheblichem Zeitdruck stehe. Der entsprechende Artikel zu dem unten angerissenen Thema soll in der WAMS vom 12. März erscheinen.
Aber zum Vorgang im einzelnen:
Das Grundbuchamt teilte mir mit, daß Urteile des Bundesverfassungsgerichtes „nicht von Belang" für die Entscheidungen des Grundbuchamtes seien. Das kann nach meiner Ansicht nicht sein. Das zitierte Urteil ist ein Grundsatzurteil. Wenn unser Rechtssystem funktionieren soll, müssen Entscheidungen des höchsten Gerichtes für alle bindend sein.
Die Zurückweisung meiner Beschwerde durch die Grundbuchrichterin Frau Schmitt widerspricht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Die Entscheidung von Frau Richterin Schmitt behindert mich insofern bei der Ausübung meines Rechts auf freie Berichterstattung. In meinen Augen ist das ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit, die als hohes demokratisches Gut den besonderen Schutz der Verfassung genießt. Die Presse muß als sogenannte vierte Gewalt die Möglichkeit haben, unabhängige Recherchen anzustellen, um gesellschaftliche Mißstände aufdecken zu können. Schon jetzt werde ich in meiner Arbeit als Pressevertreter durch den zusätzlichen hohen bürokratischen Aufwand sowohl zeitlich als auch inhaltlich erheblich behindert, die Veröffentlichung zu dem Thema wird gefährdet.
Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Richter Schröder, meine Beschwerde gegen den Beschluß des Grundbuchamtes Essen-Borbeck als begründet anzunehmen, und das Grundbuchamt anzuweisen, mir die entsprechenden Auszüge unter 0721-151 411 036 schnellstmöglich zu faxen.
Mit der Einsicht in das Grundbuch will ich folgende Fragestellung recherchieren:
Nach den vorliegenden Informationen werden auf dem Grundstück „Zur Halbinsel 9", Gemarkung Vogelheim, Blatt 1781, illegal Müllmengen entsorgt. Dies geschieht unter anderem mit Beteiligung der kommunalen Müllentsorgungsbetriebe der Stadt Bochum. Verwickelt in den Fall sind mehrere Herren XXX, gegen die Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Essen wegen Insolvenzdelikten laufen.
Ich gehe nun dem Verdacht nach, daß sich die Herren XXX illegal über den Besitz des Grundstückes durch Vermietungen, Verpachtungen, Verkauf oder Beleihungen an illegalen Müllgeschäften auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Ich gehe dem Verdacht nach, daß dies über eine „Zur Halbinsel 9 Grundstücksgesellschaft" geschieht, an der die Herren XXX über ausländische Tarnfirmen beteiligt sind.
Ich muß nun in die Abteilungen II und III des entsprechenden Grundbuches sehen, weil diese Abteilungen unter Umständen Informationen darüber enthalten, ob den Betreibern oder früheren Eigentümern beziehungsweise den Herren XXX besondere Rechte für das Grundstück von den Besitzgesellschaften eingeräumt wurden, welche Belastungsverhältnisse bestehen und welchen Personen oder Gesellschaften über die Belastungen Sicherheiten oder Vorteile eingeräumt wurden. Beziehungsweise mit welchen Personen oder Gesellschaften über das Grundstück Geschäftsbeziehungen bestehen. Aus den Erkenntnissen, die ich aus den Abteilungen II und III des entsprechenden Grundbuches erlange, können sich schwerwiegende Vergehen erschließen, die die Öffentlichkeit wesentlich angehen und ein publizistisches Interesse begründen. Die Aufbereitung der gewonnen Informationen dient im Rahmen meiner Recherche einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung mit dem Problem der illegalen Müllentsorgung auf Essener Stadtgebiet.
Eine Bewertung der Informationen, die ich aus den Abteilungen II und III des entsprechenden Grundbuches gewinnen kann, sowie eine Bewertung Ihres Nutzens für die Presse steht dem Grundbuchamt nicht zu, so wie Sie es aus dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sehen können.
Das Grundbuchamt und damit die Grundbuchrichterin Schmitt am Amtsgericht Essen-Borbeck dürfen lediglich prüfen, ob ein Informationsinteresse der Presse besteht. Das Gericht darf nicht Vorschreiben, wie etwaige Informationen zu bewerten oder einzuschätzen sind. Das Grundbuchamt und damit die Grundbuchrichterin Schmitt darf nicht die freizugebenden Informationen zerstückelt freigeben und damit für die Presse zensieren. Ebenso wenig dürfen die Rechte auf Persönlichkeitsschutz der Betroffenen absolut über die Interessen der Öffentlichkeit gesetzt werden.
Ich zitiere aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: „Zum Prüfüngsprogramm gehört ferner, ob die Presse sich bei der Einsichtnahme auf das zur Recherche Erforderliche begrenzt und ob sie in unproblematischer Weise andere Mittel nutzen könnte, um die von ihr erwünschten Informationen unter geringerer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes der Eingetragenen zu erhalten. Auch dabei hat das Grundbuchamt das Gebot staatlicher Inhaltsneutralität zu beachten. Nicht etwa darf es der Presse vorschreiben, wie ein bestimmter Vorgang im Grundbuch zu bewerten ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Pressefreiheit in ihrer Gestalt als Recherchefreiheit der Presse Spielraum bei der Entscheidung über die Art und Weise ihrer Recherchen einräumt." (BVerfG, l BvR 1307/91 Absatz 31)
Ich stelle dazu fest. Die beanspruchten Informationen kann ich nur aus dem Grundbuch Abteilung II und III erhalten. Es gibt keinen anderen Weg, die Belastungen und vergebenen Rechte eines Grundstückes einwandfrei festzustellen.
Das Grundbuchamt und damit die Grundbuchrichterin Schmitt haben zu prüfen, ob ein Informationsinteresse der Presse besteht. Das Bundesverfassungsgericht schreibt dazu: „Die Pressefreiheit wirkt auch auf die Anforderungen an die Darlegung des Informationsinteresses der Einsichtnahme zurück. Verlangt werden können nur Konkretisierungen, die für die inhaltlich beschränkte Überprüfung des Informationsinteresses durch das Grundbuchamt bedeutsam sind. Dabei ist zu respektieren, dass die Presse regelmäßig auch auf einen bloßen, und sei es auch nur schwachen. Verdacht hin recherchiert, ja dass es geradezu Anliegen einer Recherche ist, einem Verdacht nachzugehen. Bloße Vermutungen sind häufig Ausgangspunkt des Auffindens erheblicher Tatsachen. Ist eine publizistisch geeignete Information zu erwarten, wenn sich die Vermutung als zutreffend erweist, dann ist mit der Darlegung dieser Vermutung auch das Informationsinteresse hinreichend belegt." (BVerfG, l BvR 1307/91 Absatz 30)
Ich stelle fest: Ich habe als Journalist für die Welt am Sonntag ein Informationsinteresse begründet dargelegt, weil es den Verdacht zu überprüfen gilt, wer der Nutznießer möglicherweise illegaler Müllentsorgung in Essen ist. Frau Richterin Schmitt schreibt, ich hätte zu diesem Interesse „nichts vorgetragen". Das ist Unsinn. Wie sie bereits aus dem Antrag vom 28. Februar ersehen können, habe ich ein Informationsinteresse darlegen können. Zusätzlich habe ich das Interesse in einer Email an Frau Richterin Schmitt präzisiert. Diese Email war nicht - wie von Frau Richterin Schmitt dargelegt - persönlich motiviert, sondern als Beschwerde gegen den Beschluß des Grundbuchamtes abgesandt. Die Beamten des Grundbuchamtes haben mir die Email von Frau Richterin Schmitt als offizielle Email des Grundbuchamtes genannt, über die eine Beschwerde aktenkundig gemacht werden könne. Zuletzt erscheint eine Email unstrittig in Schriftform und nicht als gesprochenes Wort, das nicht aktenkundig werden kann.
Davon ab, haben bereits das Grundbuchamt und Frau Richterin Schmitt anerkannt, daß ich ein Informationsinteresse begründet darlegen konnte. Ansonsten hätten sie mir keinen Einblick in das betreffende Grundbuch Abteilung I gewähren dürfen.
Das Grundbuchamt und Frau Richterin Schmitt haben den Informationsgehalt der Abteilungen II und III des entsprechenden Grundbuches unzulässigerweise bewertet und damit zensiert. Es bleibt laut Bundesverfassungsgericht dem Presseorgan überlassen, wie die Informationen zu werten sind.
Mir wurde zu unrecht die Einsicht in die entsprechenden Abteilungen verwehrt, obwohl ein vom Grundbuchamt und von Frau Richterin Schmitt grundsätzlich anerkanntes begründetes Informationsinteresse besteht.
Ferner hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig geurteilt, daß die Besitzer der betroffenen Grundstücke nicht über das Begehr der Einsichtnahme vom Grundbuchamt informiert werden dürfen.
Ich zitiere: „Dass im Fall der Einsicht durch die Presse dennoch ein Anhörungsrecht des Eigentümers bestehen soll, kann nicht schon damit begründet werden, dass das Grundbuchamt das berechtigte Einsichtsinteresse überprüfen muss. Dieses sowie die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit hat es in eigener Verantwortung auf Grund der Darlegungen des Einsichtsbegehrenden zu prüfen." (BVerfG, l BvR 1307/91 Absatz 34) Und weiter: „Gegen die unmittelbare Ableitung eines Anhörungsrechts aus der Verfassung spricht, daß ohne nähere gesetzliche Vorgaben ein Risiko der Vereitelung des Informationsinteresses der Presse besteht. Die Presse ist in ihren Recherchen häufig darauf angewiesen, mosaiksteinartig einzelne Teilinformationen in verschiedenen Feldern zusammenzutragen, und sie benötigt dafür Freiräume und Zeit. Ginge sie dem Verdacht eines mißbilligten Verhaltens nach und müßte das Grundbuchamt den Adressaten des Verdachts von ihren Recherchen informieren, könnte der Rechercheerfolg nachhaltig gefährdet werden, da der Adressat ihrer Nachforschungen zu Gegenmaßnahmen, insbesondere zur Vernichtung von Beweismitteln u.a., schreiten könnte." (BVerfG, l BvR 1307/91 Absatz 35)
Ich stelle dazu fest: Niemand der genannten oder betroffenen Personen darf vom Grundbuchamt über meinen Antrag informiert werden.
Sehr geehrter Herr Richter Schröder, ich bitte Sie darum, schnellstmöglich den Beschluß des Grundbuchamtes Essen-Borbeck und der Richterin Schmitt am Amtsgericht Essen-Borbeck abzuändern, beziehungsweise dieses Schreiben als Beschwerde zu werten und einen neuen Beschluß herbeiführen, der es mir ermöglicht, in die Abteilungen II und III des entsprechenden Grundbuches
einzusehen.
Bei Rückfragen erreichen Sie mich ständig unter 0172-5632699. Bitte informieren Sie mich kurz telefonisch ob die entsprechenden Seiten zugefaxt werden können.
Mit vielem Dank für Ihre Mühen,
verbleibe ich mit freundlichen Grüßen