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Nicht locker gelassen

Die Journalistin Renate Daum hatte einen Verdacht. Eine staatliche Bank sollte bei unsauberen Aktiengeschäften Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet haben. Um diese Vermutung zu beweisen hat sie lange prozessiert - und am Ende Recht behalten.

Von Eike Risto

Die Ausgangslage

Im Frühjahr 2002 meldet das bayerische Traditionsunternehmen Schneider Technologies AG Insolvenz an. Das Unternehmen wird zerschlagen und aufgekauft, große Aktienpakete wechseln den Besitzer. Verkäuferin ist die LfA Förderbank Bayern, zum Zeitpunkt der Insolvenz Großaktionärin bei der Schneider AG. Die staatliche Wirtschaftsbank hatte im Jahre 1998 im Zuge einer Kapitalerhöhung ein großes Aktienpaket des kriselnden Unternehmens für nur eine DM übernommen. Trotzdem gibt das Finanzinstitut an, beim Verkauf der Aktien Verluste „im unteren einstelligen Millionenbereich“ gemacht zu haben. Dazu käme die Abschreibung von noch ausstehenden Darlehensforderungen im „unteren zweistelligen Millionenbereich“.
Renate Daum, Redakteurin des Finanzmagazins „Börse Online“, wird auf den Fall aufmerksam und beginnt zu recherchieren. Ihr Verdacht: Die Höhe der angegeben Verluste kann nur dann stimmen, wenn die LfA die Aktien weit unter ihrem aktuellen Börsenkurs verkauft oder verschenkt hätte. Das aber würde eine unzulässige Begünstigung der Käufer auf Kosten des Steuerzahlers bedeuten. Als Profiteure vermutet sie Vorstandsmitglieder des insolventen Unternehmens. Diese unterhielten beste Beziehungen zu Entscheidern der LfA, einige waren sogar ehemalige Bankbeamte. Doch um diesen Verdacht zu untermauern braucht sie belastbare Informationen. Und diese sind nur von der LfA selbst zu bekommen.

Presseanfragen

In mehreren schriftlichen Presseanfragen wendet sich Renate Daum an die LfA. Sie beruft sich dabei auf das bayerische Landespressegesetz (BayPrG), nach dem Behörden und andere Träger staatlicher Hoheitsfunktionen der Presse gegenüber zur Auskunft verpflichtet sind. Die LfA sei eine Behörde im Sinne dieses Gesetzes, da sie als staatliche Wirtschaftsbank mit Steuergeldern arbeite und sich im Besitz des Freistaats Bayern befinde.
Renate Daum will herausfinden, in wie weit die Bank von der bevorstehenden Insolvenz der Schneider AG gewusst habe und welche Schritte daraufhin unternommen wurden. Außerdem verlangt sie zu wissen, wer die Käufer der Aktien waren und zu welchen Konditionen diese die Wertpapiere erworben haben. Sie bittet um Antworten auf ihre Fragen innerhalb einer Woche.
Doch die LfA sperrt sich gegen eine Auskunft und verweist auf ihre Verschwiegenheitspflicht. Die verlangten Informationen würden unter das Bankgeheimnis fallen. Eine Auskunftsverpflichtung gegenüber der Presse bestehe nicht, da die Bank keine Behörde im Sinne des Landespressegesetzes sei.
Bei vielen Recherchen wäre hier Schluss gewesen, doch Renate Daum erhält Rückendeckung von ihrem Verlag. Die Rechtsabteilung von Gruner & Jahr fordert die LfA auf, die Fragen der Journalistin zu beantworten, andernfalls werde man die Erteilung der Auskünfte vor Gericht durchsetzen. Trotzdem bleiben auch alle weiteren Presseanfragen an die LfA unbeantwortet. Im Februar 2004, zwei Jahre nach Beginn der Recherche, reicht Renate Daum Antrag auf einstweilige Verfügung beim bayerischen Verwaltungsgericht ein. Die Richter sollen die Bank verpflichten, die Fragen der Journalistin zu beantworten. Die Adresse der Klage ist wohl überlegt: Das Verwaltungsgericht ist zuständig für Klagen gegen Ämter und Behörden. Der Antrag ist ein bis dahin einmaliger Vorgang. Nie zuvor hatten Journalisten ihr Recht auf Auskünfte nach dem Landespressegesetz vor Gericht eingeklagt.

Einstweilige Verfügung

Der Antrag auf einstweilige Verfügung wird vom Verwaltungsgericht abgelehnt. Das Anliegen sei nicht dringend, die Voraussetzung für eine Entscheidung im Eilverfahren seien darum nicht gegeben. Außerdem sei die Bank ohnehin zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Richter folgen in ihrem Urteil weitgehend der Argumentation der LfA, weichen jedoch in einem entscheidenden Punkt davon ab. Sie entscheiden: Die Bank ist eine Behörde im Sinne des Pressegesetzes. Trotzdem sei sie zur Geheimhaltung verpflichtet. Da keine Partei Widerspruch einlegt wird die Entscheidung rechtskräftig. Doch die Ausgangslage für das Hauptverfahren hat sich sich entscheidend verbessert.

Erste Instanz

Renate Daum reicht im Herbst 2004 Leistungsklage gegen die LfA Förderbank Bayern ein, wieder beim bayerischen Verwaltungsgericht. Die rechtliche Grundlage hat sich in der Zwischenzeit weiter verbessert. Im Vormonat hatte das Gericht bereits eine kommunale Behörde verpflichtet, einer Journalistin auf Grundlage des BayPrG Auskunft zu erteilen. Auf der anderen Seite versuchen die Anwälte die LfA, die Ausgangslage zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Zunächst schlagen sie vor, den Streitwert auf 100.000 Euro festzulegen. Da bei Prozessen am Verwaltungsgericht die Prozesskosten von der unterlegenen Partei getragen werden müssen, würde dies ein erhebliches finanzielles Risiko für die Klägerin bedeuten. Renate Daum legt Widerspruch gegen den beantragten Streitwert ein. Die Anwälte der LfA führen weiterhin an, die Journalistin habe es versäumt, sich bei der für die LfA zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde eine Genehmigung für die Erteilung von Auskünften zu besorgen. Diese Argumentation würde allerdings ins Leere laufen, sollten die Richter auch im Hauptverfahren entscheiden, dass es sich bei der Bank um eine Behörde im Sinne des BayPrG handelt.
Das Bayerische Verwaltungsgericht entscheidet auch diesmal im Sinne der LfA. Die Bank sei zwar eine Behörde im Sinne des Presserechts, unterliege aber einer rechtlich bindenden Verschwiegenheitspflicht. Renate Daum legt im September 2005 Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Als Berufungsgrund gibt sie an, dass die LfA jeglicher öffentlicher Kotrolle entzogen sei, wenn man der Argumentation des Verwaltungsgerichts folge. Ein Verstoß gegen Art. 5GG.

Informationsfreiheitsgesetz

Im Frühjahr 2006 tritt auf Bundesebene das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft. Dieses erlaubt es jedem Staatsbürger, den Aktenbestand von Bundesbehörden einzusehen, so lange keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Doch für die Journalistin ist dies keine Hilfe: Für staatliche Banken ist eine Ausnahme von der Auskunftspflicht vorgesehen. Obwohl der Freistaat Bayern zu diesem Zeitpunkt kein eigenes IFG erlassen hat, nutzen die Anwälte der LfA das Bundesgesetz zur Unterstützung ihrer Position. Renate Daum beruft sich weiterhin auf den Auskunftsanspruch nach BayPrG. Denn zur Bestätigung ihres Verdachts würde eine einfache Auskunft bereits genügen.

Zweite Instanz

Die Berufung wird im Juli 2006 am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt. Den Streitwert legen die Richter auf 5.000 Euro fest. Das finanzielle Risiko für die Journalistin wird dadurch erheblich gemindert.
In der Hauptverhandlung hat Renate Daum Erfolg. Die Richter revidieren die Entscheidung der ersten Instanz und verurteilen die LfA, auf sieben ihrer Fragen zu antworten.54 Eine absolute Verschwiegenheitspflicht der Bankbeamten gegenüber der Presse lasse sich aus geltendem Recht nicht ableiten. Jede einzelne Frage war zuvor im Detail auf ihre rechtlichen Grundlagen geprüft worden. Fragen zu konkreten Personen müssen gestrichen werden (schutzwürdige Interessen Dritter), ebenso eine Frage, bei deren Beantwortung sich die Mitarbeiter der LfA gegebenenfalls selbst strafrechtlich hätten belasten müssen. Eine weitere Frage muss gestrichen werden, weil der Aufwand zu ihrer Beantwortung unzumutbar hoch gewesen wäre.
Als die LfA schließlich schriftlich zu Renate Daums Fragen Stellung nimmt, bestätigt sich damit ein inzwischen 5 Jahre alter Verdacht. Die Bank hat einen Großteil der Aktien tatsächlich zu Schleuderpreisen an Vorstandsmitglieder des Unternehmens abgegeben und dabei Steuergelder in zweistelliger Millionenhöhe verpulvert.
Beim Streit um ihr Recht auf Information hat Renate Daum einen langen Atem bewiesen. Vom ersten Verdacht bis zum finalen Artikel vergingen fünf Jahre, das Verfahren zog sich durch zwei Instanzen und zwischenzeitlich sah es so aus, als würde sie verlieren. Trotzdem gelang es ihr, ihren Auskunftsanspruch durchzusetzen. Zu Ende ist der Streit allerdings noch immer nicht. Der Hauptbegünstigte des unsauberen Aktiendeals geht gerichtlich gegen Renate Daums letzten Artikel vor.

 

Chronologie der Auskunftsklage

Renate Daum ./. LfA Förderbank Bayern

Von Renate Daum

2002

Januar 2002: Die Schneider Technologies AG meldet für die Öffentlichkeit völlig überraschend Insolvenz an. Das zuvor als Schneider Rundfunkwerke firmierende Unternehmen war bekannt für Fernseher, Stereoanlagen und Computer. In vielen Haushalten standen und stehen Geräte von Schneider.
November 2002: Geschädigte Aktionäre halten eine Pressekonferenz ab, in der sie etliche Vorwürfe erheben, unter anderem gegenüber der LfA Förderbank Bayern, die zum Zeitpunkt der Insolvenz Großaktionärin des Unternehmens war. Ich besuche diese Pressekonferenz und beginne, mich mit dem Fall zu beschäftigen.

2003

13. März 2003: Mein erster Artikel zum Fall Schneider Technologies erscheint in Börse Online 12/2003: „Wie geht es eigentlich...? Schneider Technologies. Die Umstände der Insolvenz des Unterhaltungselektronikherstellers sind bis heute ungeklärt. Dazu zählen die Rolle der Politik und der geringe Preis, den Jenoptik für die Lasersparte bezahlt hat." In den Monaten danach folgen Recherchen, um die ungeklärten Fragen zu lösen.
29. August 2003: In einer Presseanfrage an die LfA Förderbank Bayern stelle ich unter anderem eine Frage zu den Verkäufen von Schneider-Aktien durch die Bank.
1. September 2003: Das Bayerische Wirtschaftsministerium sendet mir auf meine Presseanfrage die Antworten auf schriftliche Anfragen eines Landtagsabgeordneten zum Fall Schneider. Auf Seite 18 heißt es: „Der Verlust der LfA aus der Beteiligung an der Schneider Technologies AG liegt in unterer einstelliger Millionenhöhe (Drs. 14/11920)."
4. September 2003: Ich veröffentliche in Börse Online 37/2003 den Artikel: „Von München aus ferngesteuert" in dem ich von Aktienverkäufen der LfA berichte.
10. September 2003: In einer Pressemitteilung teilt die LfA mit, sie habe aus der Beteiligung an der Schneider AG einen Verlust „in unterer einstelliger Millionenhöhe" gemacht. Die LfA habe Aktien außerbörslich abgegeben, die Verkaufspreise hätten unter den Börsenkursen gelegen. Die „im Zuge der Abgabe von Aktien erzielten Kaufpreise" hätten die Anschaffungskosten der LfA für die Schneider-Aktien nicht gedeckt. Angesichts der Verluste stelle sich die Frage nach der Verwendung von Erlösen oder Gewinnen nicht. Zu den Verlusten aus der Schneider-Beteiligung seien zum Zeitpunkt der Insolvenzanträge unbeglichene Darlehensbeträge im unteren zweistelligen Millionenbereich getreten. Ich rechne nach und stelle Unstimmigkeiten in den Angaben der LfA fest.
11. September 2003: Ich stelle eine Presseanfrage an die LfA zu dieser Pressemitteilung. Darin rechne ich in einer ersten Überschlagsrechnung vor, dass es unter normalen Umständen nicht sein kann, dass die erzielten Preise die Anschaffungskosten für die Aktien nicht gedeckt haben. Ich werfe die Frage auf, ob hier nicht die Käufer der Aktien ungebührlich zu Ungunsten der öffentlichen Hand bevorzugt wurden.
15. September 2003: Die LfA weist meine Rechnung in einer Stellungnahme an mich zurück. Meine Informationen seien unvollständig, die daraus gezogenen Vermutungen schon deshalb nicht gerechtfertigt und in der Sache absurd. Außerdem widerspräche es den Gepflogenheiten und Diskretionspflichten im Bankgewerbe, Auskunft zu geben.
16. September 2003: Ich weise die LfA in einer Presseanfrage auf ihre Auskunftspflichten nach dem Bayerischen Pressegesetz hin und erläutere ausführlicher, dass die Angaben der LfA zum Verlust aus der Beteiligung nur stimmig sind, wenn Aktien zu ungewöhnlich günstigen Preisen oder gar umsonst abgegeben wurden und damit Dritte begünstigt wurden.
17. September 2003: In ihrer Antwort behauptet die LfA, die von mir gewünschten Informationen unterlägen dem Bankgeheimnis.
18. September 2003: Im Artikel: „Millionenschaden für die Steuerzahler?" schreibe ich darüber, dass die Zahlen der LfA nur aufgehen, wenn sie unüblich hohe Abschläge akzeptiert hätte. Ich schätze, dass sie den Steuerzahler damit um einen zweistelligen Millionenbetrag gebracht hätte. Es bleibe nur die Alternative, dass die Bank vielleicht doch einen Gewinn erzielt (also gelogen) habe.
14. Oktober 2003: In einem Brief fordere ich die LfA nachdrücklich auf, mir zu meinen Fragen Auskunft zu geben, wozu sie als Behörde gemäß Bayerischem Pressegesetz verpflichtet sei.
31. Oktober 2003: Die LfA weist in ihrer Antwort eine Auskunftspflicht gegenüber der Presse von sich.
14. November 2003: Die Rechtsabteilung des Gruner+Jahr-Verlags, zu dem Börse Online gehört, fordert die LfA auf, meine Fragen bis 27. November 2003 zu beantworten. Andernfalls werde sie empfehlen, den Auskunftsanspruch gerichtlich durchzusetzen.
20. November 2003: Die LfA behauptet in ihrer Antwort, sie unterliege als Bank nicht der Auskunftspflicht nach dem Bayerischen Pressegesetz. Sie unterliege einer Verschwiegenheitspflicht.

2004

25. und 27. Januar 2004: Ich stelle Presseanfragen an die LfA mit neuen Fragen zu einem geheimen Aktienoptionsprogramm der LfA an einen Vorstandsvorsitzenden von Schneider Technologies. Außerdem wiederhole ich unbeantwortete alte Fragen.
2. Februar 2004: In ihrer Antwort behauptet die LfA erneut, auf Grund der Gepflogenheiten des Bankgewerbes sei eine Antwort auf meine Fragen nicht möglich.
6. Februar 2004: Mein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die LfA Förderbank Bayern wegen Auskunft nach Arikel 4 Absatz l Bayerisches Pressegesetz wird beim Bayerischen Verwaltungsgericht in München gestellt. Es war wohl das erste Mal, dass versucht wurde, die Auskunftspflicht von Behörden gegenüber der Presse nach dem Bayerischen Pressegesetz gerichtlich  durchzusetzen. Wir haben jedenfalls keinen älteren Fall gefunden.
19. Februar 2004: Mein Artikel: „Unzulässige Einflussnahme?" erscheint in Börse Online 9/2004. Darin berichte ich über das geheime Aktienoptionsprogramm und erneut über das Rätsel bei den Aktienverkäufen durch die LfA.
20. Februar 2004: Das Gericht hatte vorgeschlagen, dass ein Richter eine Entscheidung fällen soll, nicht eine Kammer (mit mehreren Richtern). Wir stimmen dem zu, ebenso wie die LfA.
25. Februar 2004: Die Anwälte der LfA argumentieren, dass die LfA keine Behörde ist und gesetzlich verankerte Verschwiegenheitspflichten einer Auskunftspflicht gegenüber der Presse entgegenstehen.
16. und 17. März 2004: Meine Anwältin erwidert auf den Schriftsatz der LfA-Anwälte, dass die LfA sehr wohl eine Behörde ist und dass sie auf Fragen ihrer Tätigkeit als Behörde Auskunft geben muss.
5. April 2004: Die Anwälte der LfA tragen vor, dass sie zwar Spezialaufgaben als Bank hat, aber dennoch eine Bank wie jede andere ist und gar keine Auskünfte geben darf.
19. April 2004: Meine Anwältin trägt vor, dass die staatliche LfA gerade keine Bank wie jede andere ist.
24. Mai 2004: Das Bayerische Verwaltungsgericht erlässt einen Beschluss: Mein Antrag wird rundherum abgelehnt. Die Richter behaupten, mein Anliegen sei nicht eilig, und die LfA dürfe ohnehin gar keine Auskünfte geben. Sie folgen weitgehend der Argumentation der LfA-Anwälte. Nur in einem Punkt weichen sie davon ab: Sie finden wie wir, dass die LfA eine Behörde ist. Wir legen keinen Widerspruch ein, die Entscheidung wird rechtskräftig.
23. August 2004: Dafür reichen wir Leistungsklage auf Auskunft beim Bayerischen Verwaltungsgericht gegen die LfA ein.
20. September 2004: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 13. August 2004 der Gemeinde Markt Zell am Main auferlegt, einem Journalisten Auskünfte nach Artikel 4 des Bayerischen Pressegesetzes zu erteilen. Darauf weist meine Anwältin hin und ändert unseren Klageantrag entsprechend ab.
27. September 2004: Die Anwälte der LfA schlagen vor, den Streitwert auf 100 000 Euro festzusetzen (im Einstweiligen Verfügungsverfahren war der Streitwert auf 2000 Euro festgesetzt worden). Durch eine so drastische Erhöhung würden die Kosten des Rechtsstreits drastisch in die Höhe schnellen.
10. November 2004: Die Anwälte der LfA geben eine Stellungnahme zu unserer Klage ab. Unter anderem werfen sie mir vor, ich hätte es versäumt, mir eine Genehmigung bei der Rechtsaufsichtsbehörde der LfA zu besorgen, damit diese mir Auskunft geben dürfe. Ich habe noch nie davon gehört, dass es notwendig sein soll, eine Genehmigung bei der Rechtsaufsichtsbehörde einer Behörde einzuholen, von der man eine Auskunft will.

2005

l. Februar 2005: Das Gericht hatte vorgeschlagen, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Wir stimmen dem ebenso wie die LfA zu. Außerdem verweisen wir darauf, dass die LfA ihre Verschwiegenheitspflichten nicht immer ganz so streng erfüllt wie gegenüber mir: Ende 2004 war ans Licht gekommen, dass ein Vorstand der LfA offenbar eine vertrauliche Anfrage eines Landtagsabgeordneten der Grünen an einen Abgeordneten der CSU weitergegeben hatte.
15. Februar 2005: Wir teilen dem Gericht mit, dass wir einen Streitwert von 100 000 Euro nicht für angemessen halten.
28. Juli 2005: In seinem Urteil weist das Bayerische Verwaltungsgericht meine Klage ab. Wieder stellt es zwar fest, dass die LfA eine Behörde ist, folgt ansonsten aber weitgehend der Argumentation der LfA. Sogar das Argument, dass keine Genehmigung zur Auskunftserteilung vorliege, und es nicht Sache der LfA sei, sich selbst eine solche Genehmigung zu besorgen, wenn ich Auskünfte von ihr wolle. Selbst wenn ich eine solche Genehmigung besorgt hätte, hätte das aber nicht gereicht, denn das Gericht urteilt, die LfA hätte mir gar keine Auskunft geben dürfen, selbst wenn sie gewollt hätte.
13. September 2005: Die LfA-Anwälte haben beantragt, einen kleinen sachlichen Fehler in der Sachverhaltsdarstellung im Urteil zu korrigieren. Wir schließen uns dem an.
21. September 2005: Wir legen Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.
25. November 2005: In unserer Berufungsbegründung führt meine Anwältin aus, dass eine staatliche Bank jeglicher Kontrolle durch die Presse entzogen sei, wenn die Argumentation des Bayerischen Verwaltungsgerichts stimme. Das verstoße gegen Artikel 5 Grundgesetz.
14. Dezember 2005: Die Landesanwaltschaft Bayern (Oberlandesanwalt Mehler) beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an dem Verfahren.

2006

3. Februar 2006: Zu Beginn des Jahres 2006 ist das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene in Kraft getreten. Die Anwälte der LfA führen die Ausnahmeregelungen bezüglich staatlicher Banken im IFG an, um ihren Standpunkt zu untermauern.
20. März 2006: Meine Anwältin erläutert, warum die Informationsansprüche nach dem IFG anders gelagert sind als die Auskunftspflichten der Behörden gegenüber der Presse.
14. Juni 2006: Die Landesanwaltschaft Bayern (Oberlandesanwalt Mehler) reicht eine Stellungnahme zu unserem Verfahren ein. Das ist wohl ziemlich selten, da sich die Landesanwaltschaft sich in der Regel darauf beschränkt, sich den Ausführungen einer Partei anzuschließen. Die Landesanwaltschaft diskutiert darin die Frage, ob die LfA überhaupt eine Behörde ist.
17. Juli 2006: Das Gericht teilt mit, dass es die Akten aus dem Verfügungsverfahren beigezogen hat.
25. Juli 2006: Mündliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Richter diskutieren jede einzelne meiner Fragen ausführlich mit den Anwälten der LfA, dem Vertreter des öffentlichen Interesses und uns. Der Vertreter des öffentlichen Interesses unterstützt die Positionen der LfA.
7. August 2006: Die Richter urteilen, dass die LfA sieben meiner Fragen ganz oder teilweise beantworten muss. Fragen zu konkreten Personen werden gestrichen, ebenso wie eine Frage nach einem Vorgang, der strafrechtlich relevant wäre, wenn er sich so zugetragen hätte wie es meine Rechercheergebnisse nahelegen. Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt. Damit sind wir um die hohe Kostensteigerung herumgekommen, die der von der LfA beantragte Streitwert von 100 000 Euro nach sich gezogen hätte.
27. November 2006: Die Begründung für das Urteil vom 7. August geht ein. Bei jeder Frage und sogar jeder Teilfrage haben die Richter einzeln abgewägt, ob die LfA antworten muss oder nicht. Abgelehnt haben sie eine Auskunftspflicht, wenn nach Vorgängen mit konkreten Personen gefragt wurde, weil dann die Belange Dritter überwiegen. Abgelehnt wurde auch eine Frage, bei der die Richter argumentierten, der Aufwand für die Beantwortung sei zu hoch. Eine Frage muss die LfA nicht beantworten, weil sich Mitarbeiter dadurch eventuell strafrechtich belasten müssten.
7. Dezember 2006: Die Anwälte der LfA beantragen, einen sachlichen Fehler in der Sachverhaltsdarstellung im Urteil zu berichtigen. Auf Seite 4, Zeilen 8 bis 11 steht: „Die Schneider Technologies AG gab 301.000 Inhaberaktien im Nennbetrag von je DM 50,00 aus; davon übernahm die Beklagte 247.000 Aktien einschließlich aller Bezugsrechte für weitere geplante Kapitalerhöhungen für einen Preis von angeblich insgesamt DM l." Das soll berichtigt werden in: „Die Schneider Technologies AG gab 301.000 Inhaberaktien im Nennbetrag von je DM 50,00 aus; die Beklagte hatte zuvor 247.000 Aktien einschließlich aller Bezugsrechte für Kapitalerhöhungen für einen Preis von DM l übernommen." Wir stimmen dem zu.
21. und 29. Dezember 2006: Die LfA schickt die Antworten auf die Fragen, zu denen sie Auskunft geben muss. Dadurch bestätigt sich mein Verdacht: Die LfA hat in großem Stil Aktien verschenkt oder zu Kursen weit unter den Börsenkursen abgegeben.

2007

1. Februar 2007: Im Artikel „Millionär auf Staatskosten" in Börse Online 6/2007 berichte ich über die Antworten der LfA nach meiner gewonnenen Auskunftsklage. Daraus ergibt sich, dass der LfA - und damit der öffentlichen Hand - in der Tat ein zweistelliger Millionenbetrag entgangen ist, weil sie Aktien verschenkt oder sehr billig verkauft hat. Mein Verdacht aus dem Jahr 2003 hat sich somit bestätigt.
Zu Ende ist die Geschichte für mich dadurch aber noch immer nicht: Im April 2007 erwirkt ein Hauptprofiteur der Aktiendeals der LfA eine einstweilige Verfügung gegen drei Passagen aus dem Artikel. Aus meiner Sicht erging die Verfügung zu Unrecht. Ich habe Widerspruch dagegen eingelegt. Im November wird sich das Landgericht Berlin damit befassen.

13 Das Urteil ist in Auszügen veröffentlicht in NVwZ (Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht) 2005, S. 477 ff.; komplett abgedruckt ist es unten im Teil D.